Samstag, 19. Januar 2008

Puerto Montt (17.1. - 20.1.)

Eveybody happy?
Diese Frage unseres relaxten Wirtes wird uns die naechsten Tage begleiten. Er ist fuer das Fruehstueck zustaendig, eine gute Entscheidung der "Chefin" des Hauses. Es gibt Eierspeise mit Schingken und gebackenem Brot, sagenhaft gut.


Gestern am Abend sind wir ausgegangen: Einkaufen und unsere Radlfreunde, Steven, Rachel und Juerg treffen. Unser Wirt gibt uns den Einkaufswagen seiner Frau mit, ein knallrotes Eisengestell, in dem wir Emil als Kinderwagenersatz rumschieben sollen. Aber es ist zu klein zum schieben, man bekommt Rueckgradverkruemmung davon. Das ist Emil egal, es wird sein geliebtes Traumspielzeug fuer drei Tage. Also schieben wir Emil erst zur Herberge von Rachel ¡ co, dann zum Supermarkt, dann kommt der Einkauf in den Wagen, dann will Emil den Wagen schieben. Aberalleine. Wehe, es legt einer Hand an, um zu verhindern, dass Emil mit dem Wagen im Gulli landet. Als einziges hilft ein fester Tritt ans Vorderrad, wenn Emil vom Kurs abkommt, das registriert er als Versehen und nicht als Eingriff in seine schiebende Autonomie.


Auf dem Heimweg schlaeft Emil in meinen Armen. Beim Verabschieden macht er ein halbes Auge auf und sieht das rote Drahtgestell, pflupp macht es, Augen auf und die Maschine laeuft auf Hochtouren. Emil schiebt den Wagen heim, quer durch die mitternaechtlichen Gassen von Puerto Montt.

Vermutlich an diesem Abend hat sich Emil bei unmaessigem Tomatenkonsum ein fieses Bakterium eingefangen, das ihm und uns vier Tage Durchfall beschert. Drei bis viermal am Tag pfeift es ordentlich. Emil ist zwar nicht krank, aber deutlich knatschiger, will wenig selber laufen, verliert schnell die Lust an etwas, hat nur auf ein Ding immer Lust bis zur Zwanghaftigkeit: Ein rotes Drahtgestell, das im Eingang unseres Hostals steht. Wann immer Emil da vorbeikommt, gibt es Aerger, wenn er nicht sofort darin herumgeschoben wird. Muy pesadoª


Der Aufenthalt in Puerto Montt beginnt mit dem ueblichen Trott: Lavanderia, Fahrradgeschaeft. Aber dann wird es spannend. Der Staender von meinem Fahrrad ist verbogen und wird demnaechst abbrechen. In den Fahrradgeschaeften gibt es nur Fahrradstaender fuer Stadtraeder, der wuerde nicht ein einziges mal dem Gewicht des voll bepackten Reiserades standhalten. Einzige Chance ist, das Originalteil durch Schweissen zu retten. Das ist was fuer Maennerªªªªª
Der Wirt laesst sich fuer die Sache begeistern, er macht sich mit Kurt auf den Weg quer durch die Stadt von Werkstatt zu Werkstatt, bis der richtige Mann gefunden ist. Der zoegert nicht eine Sekunde, laesst alles stehen und liegen und schweisst meinen Staender mit professioneller Perfektion zusammen. Kurt ist neidisch auf mein Teil, das jetzt viel mehr soliditaet und charakterfestigkeit als sein Staender ausstrahlt.

Unser Wirt und unsere Wirtin sind ein skurriles Paar. Er ist aus San Francisco, sie ist die Chefin. Er spricht Englisch und fast kein spanisch, sie spanisch und fast kein Englisch. Sie spricht mit ihm spanisch, er mit ihr englisch. Die beiden kennen sich schon sieben Jahre lang. Sie fragt ihn nach jedem Absatz: "comprende?" verstehst du? Das Hostal ist bliztsauber und straff gefuehrt, das ist ihr Werk. Er macht das Fruehstueck und ist den Rest des Tages relaxt. "Everybody happy?

Zweites Projekt: Es wird zunehmend regnerisch. Die blaue Monstertasche ist nicht wasserdicht. Ein Seesack fuer das Zelt, Schlafsaecke, Matten muss her. Das Teil, das wir in Bariloche gekauft haben, ist nach einer Schotterpassage durchgrieben und loechrig. Wir fragen uns von Geschaeft zu Geschaeft durch und landen am Ende der Odyssee in einem Aussenbezirk bei einer kleinen Zeltbauerwerkstadt. Da bekommen wir einen soliden Seesack, verschweisst und festes Material. Wir sind begeistert.

Am letzten Tag gibt uns der Wirt ¿everybody happy+? noch einen Tipp, wir sollen auf eine Insel gegenueber vom Hafen hinaufspazieren, nice look. Man kann sich da mit einem kleinen Boot uebersetzen lassen. Wir finden die Stelle am Hafen, ein Mann am Ufer erkennt unsere Absicht und winkt uns in ein Boot, wir steigen brav ein, ziehen Schwimmwesten an und stellen irgendwann fest, dass wir auf einer Hafenrundfahrt angeheuert haben. Wir geniessen die Hafenrundwfahrt in der Abendsonne, steigen aus und finden jemand, der uns nun doch noch zu der Insel uebersetzt. Von oben gibt es wirklich einen wunderschoenen Blick auf das Meer und den Hafen. Einzige Eintruebung ist ein kraeftiges Pfffft in Emils Windel am schoensten Aussichtspunkt, immer noch nicht besser, Mist.


Nach dem Ausflug gehen wir in den Club Aleman, Abendessen. Den Kellner frage ich nach dem Bierfest, wann und wo das denn sei, aber er versteht mich nicht. Ich frage ihn nach einer Vorspeise, aber ich verstehe ihn nicht, ausser "marisco", nona. Wir geniessen ein sehr gepflegtes Abendessen zu vernuenftigen Preisen. Emil haut rein in Huhn mit Kartoffelpurre, wir geniessen verschiedenste Fischfilets mit leckeren Saussen. Emil spielt mit einem 9=jaehrigen Maedchen aus Kolumbien. Die beiden spazieren die Gaenge auf und ab.


Eigentlich waere geplant, mit der Faehre nach Chaiten, dem standardmaessigen Beginn der carretera Austral, zu fahren. Die Faehre ist aber fuer eine Woche ausgebucht. Also machen wir uns morgen auf dem Landweg auf in den Sueden. Der Vorteil davon ist, dass wir dann durch den Park Pumalin kommen, ein besonderer Nationalpark in Chile, weil Privatbesitz eines Amerikaners, der den Park nach amerikanischen Vorbild gestaltet hat. Wir sind gespannt.

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